Hessische Landjugend e.V.

Presse

Queer sein bei der Landjugend

Benedikt Linke aus dem Vorstand der Hessischen Landjugend ist schwul und möchte queeren Jugendlichen eine Plattform bieten. Hier folgen Auszüge aus dem Gespräch mit Chris Hey-Nguyen. (Projektreferent Landesfachstelle Hessen)

Benedikt, wann und wie bist du zur Hessischen Landjugend gekommen?

Benedikt Linke: Das war im Jahr 2004 durch eine Freundin, die mich mit zum Tanzen genommen hat. Durch sie bin ich zu einer Volkstanzgruppe gekommen, bei der ich heute noch Mitglied bin. Aktiv in den Landesvorstand gekommen bin ich im Jahr 2016.

Wann war dir klar, dass du schwul bist, und wie verlief dein Coming-out?

2012 habe ich gemerkt, dass ich mich von Männern mehr angezogen fühle als von Frauen. Gleichzeitig musste ich wegen Knieproblemen das Tanzen und die Leichtathletik aufgeben. Es war also eine Zeit des Neuanfangs. Das erste Mal geoutet habe ich mich bei einer guten Freundin, nachdem ich jemanden kennengelernt hatte und mich mit ihm treffen wollte. Danach habe ich mich eine ganze Weile nur bei wenigen Freunden geoutet. Meinen Eltern habe ich es erst erzählt, als ich jemanden kennengelernt hatte, mit dem ich gerne zusammensein wollte.

Und wie lief es in der Hessischen Landjugend?

In der Landjugend habe ich mich zunächst nur bei einigen geoutet, dabei aber sehr gute Erfahrungen gemacht. Wirklich offen angesprochen habe ich es vor zirka zwei Jahren in einer Kennenlern-Runde im neu gewählten Vorstand.

Welche Erfahrungen hattest du als schwuler Landjugendlicher?

Ohne Zugang zum Internet wäre es wirklich schwer gewesen, jemanden kennenzulernen. Aber auch was die Inhalte online angeht, gab es zum Zeitpunkt meines Coming-outs vieles noch nicht, zum Beispiel Videos auf YouTube, in denen Jugendliche von ihren Coming-outs berichten und teils gute Ratschläge für andere haben. Wirklich gefehlt hat mir zu dieser Zeit ein schwuler Freund, mit dem ich mich hätte austauschen können. Wenn es zur Zeit meines Coming-outs eine queere Jugendgruppe in meiner Region gegeben hätte oder qualifizierte Ansprechpartner oder Ansprechpartnerinnen in der Ortsgruppe, wäre wohl einiges einfacher gewesen. Auch heute noch gibt es in den ländlichen Regionen einen deutlichen Mangel an entsprechenden Angeboten. Ich finde es wichtig, dass Verbände und andere Institutionen das Thema vor allem auch intern sichtbar machen und LSBT*Q-Personen nicht nur toleriert, sondern akzeptiert werden.

Was für Erfahrungen hast du bezüglich deines Queerseins bei der Hessischen Landjugend gemacht?

Im Großen und Ganzen habe ich viele positive Erfahrungen gemacht. Als sehr positiv erlebe ich die ganzen Freundschaften, die ich dort geschlossen habe.

Welche Rolle sollte Jugendarbeit für queere Jugendliche auf dem Land spielen?

Hier muss auf jeden Fall noch einiges passieren. Es wäre ein großer Schritt erreicht, wenn Jugendliche genau wissen, dass sie sich in ihren Vereinen outen können, ohne negative Folgen befürchten zu müssen. Dazu braucht es eine entsprechende Atmosphäre, in der ein Coming-out etwas ganz Normales ist und niemand deswegen ausgegrenzt wird. Ich merke bei unseren Ortsgruppen, dass sie dem Thema offen gegenüberstehen, jedoch nicht wissen, ob es unter ihren Mitgliedern queere Personen gibt. Statistisch gesehen ist jede zehnte oder elfte Person nicht heterosexuell, also muss es in fast allen Ortsgruppen queere Menschen geben.

Wie hast du LSBT*Q-Themen bei der Hessischen Landjugend sichtbar gemacht?

In allererster Linie habe ich mir erst einmal selbst Informationen besorgt. Nur weil ich schwul bin, heißt es ja nicht, dass ich mich mit allem auskenne. Im Vorstand habe ich das Thema „Gendern“ angesprochen, weil es ein guter Einstieg in das Thema ist. Durch das Verwenden eines Unterstrichs (_) oder des Gendersternchens (*) könnten wir vielfältiger mögliche Interessenten und Interessentinnen ansprechen. Ebenso habe ich im Vorstand von den queeren Themen und Veranstaltungen berichtet, die ich besucht habe, und in einem World Café́ mit unseren Mitgliedern darüber diskutiert. Es ist sehr schön zu sehen, wie sich das Einbringen des Themas schon auszahlt. Bei Diskussionen äußern sich viele Mitglieder sehr positiv zum Thema und beziehen Position. Andere outen sich mir gegenüber. Ich glaube, es ist wirklich wichtig, dass jemand den ersten Schritt macht, gerade für Jugendliche, die selbst noch nicht so weit sind.

Was würdest du anderen empfehlen, die das Thema in ihren Verbänden starker machen wollen?

Wenn zu dem Thema noch gar nichts gemacht wurde, ist es sicher empfehlenswert, zunächst dem Vorstand vom Vorhaben zu erzählen und sich dort Unterstützung einzuholen.

Gibt es etwas, das du noch sagen möchtest?

Ich finde es wichtig, dass das Thema immer aktuell bleibt, da es für einen Teil unserer Mitglieder Alltag ist. Es sollte immer jemanden geben, der sich damit auskennt. Das kann ein Vorstandsmitglied sein, aber auch Bildungsreferenten und -referentinnen.

Interview: Chris Hey-Nguyen

Auch Personen aus anderen Landjugendverbänden können auf Benedikt zukommen. Ihr erreicht ihn unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.