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Digitale Veranstaltungen ersetzen Fahrt

Nachdem die Internationale Grüne Woche in Berlin in diesem Jahr nur als digitaler Branchentreff stattfinden konnte, mussten auch die Mitglieder der Hessischen Landjugend auf die traditionellen Fahrten nach Berlin verzichten.

 

Doch weil niemand ganz ohne IGW-Feeling bleiben sollte, hat sich der Bund der Deutschen Landjugend, teilweise in Zusammenarbeit mit den Landesverbänden ein digitales Alternativprogramm einfallen lassen.

Los ging’s am vergangenen Samstag. Nachdem die Hessische Landjugend mittels Instagramm-Umfrage eine Playlist erstellt hatte, um die Busfahrt nach Berlin zumindest musikalisch zu simulieren, fand eine digitale Weinprobe, organisiert von der Niedersächsischen Landjugend und fachlich begleitet vom ehemaligen Vorsitzenden Gunther Hiestand, der sein Weingut in Guntersblum in Rheinhessen hat, statt. Hierbei konnten sich Landjugendliche aus allen Landesverbänden önologisch fortbilden und zudem einen geselligen Abend verleben. Auch aus Hessen ergriffen einige Teilnehmer die Chance.

Weiter ging es am Sonntag mit einen Landjugendquiz, das von der Westfälisch-Lippischen Landjugend organisiert wurde. Insgesamt 16 Teams stellten sich hier dem kunterbunten Fragenkatalog, in dem „Essen und Trinken“ genauso vertreten war wie „Historische Ereignisse“, aber auch schlicht „Allgemeinwissen“ abgefragt wurde. Sieger wurden die Teams vom „Landesvorstand Rheinland-Nassau“ und der „Landjugend Unna“, auf den Plätzen folgten „Team Wüba“ aus Württemberg-Baden und der „Bundesvorstand“.

Am Montag fand dann schließlich der Junglandwirtekongress statt, der sonst eine der Hauptattraktionen aus Landjugendsicht ist. Zunächst wurde in diesem Rahmen „Wagyu Sauerland“ mit dem Newbie-Award ausgezeichnet. In Arnsberg im Sauerland züchten Katrin Schütz und Christoph Willeke die japanischen Wagyu-Rinder, deren Fleisch als Delikatesse gilt und, wenn sie in der entsprechenden Präfektur gehalten werden, als Kobe-Fleisch auch die höchsten Preise erzielt. Der Newbie-Award geht an innovative Hofnachfolger, agrarische Start-Ups oder Quer- bzw. Neueinsteiger. Obwohl beide, sowohl Schütz als auch Willeke Landwirtschaft studiert haben, hatten beide keinen Hof, so dass das ganze Projekt aus dem Nichts aufgebaut wurde. Willeke brachte hierzu die ersten Wagyu-Embryos von einem Auslands-Job in Australien mit und startete somit die Erfolgsgeschichte, bei der Aufzucht, Schlachtung und Vermarktung komplett auf dem Betrieb geschehen. Hierbei können Kunden einzelne Produkte bestellen, an Tastings teilnehmen, aber auch Patenschaften übernehmen und somit garantiert Fleisch von „ihrem“ Rind erhalten.

 „Die ist ein gelungenes Beispiel, wie der Blick über den Tellerrand kombiniert mit regionalen Gegebenheiten und ehrlichem Marketing die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft verbessern kann“, begründet BDL-Vize Mara Walz die Newbie-Award-Entscheidung für Wagyu Sauerland: „Unsere Preisträger setzen auf Integrität der Produkte. Ihr Respekt gegenüber Tieren und Umwelt ist maßgeblich für ihr Unternehmen.“

Im Anschluss an die Verleihung fand dann der eigentliche Kongress unter dem Motto „CO2-Bilanz als Maßstab für die Zukunft“ statt. Die über 70 Teilnehmer konnten hier zunächst einen Vortrag von Bernhard Osterburg, der die Stabstelle Klima und Boden des Thünen-Instituts leitet, hören, in dem er die „Klimapolitischen Herausforderungen für die Landwirtschaft“ herausstellte. Dabei waren durchaus kritische Worte zu hören, denn Landwirtschaft sei in komplexe Wertschöpfungsketten eingelagert. Auch wenn große Lücken zwischen Klimaschutzzielen und Status quo in der Landwirtschaft bestünden, sei eine Quantifizierung schwierig.

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von BDL-Vize Mara Walz, an der neben Osterburg auch die Bundestagsabgeordneten Susanne Mittag von der SPD und Artur Auernhammer von der CDU, sowie Winzer Andreas Hormuth teilnahmen, erklärte Osterburg weiter, es gebe keine einzelne Gesamtlösung im Klimaschutz, vielmehr müssten alle Bausteine und Bereiche sinnvoll kombiniert werden. Auch die anderen Diskussionsteilnehmer konnten zum Thema beitragen: Das Weingut von Andreas Hormuth in ST. Martin, Pfalz, arbeitet seit fünf Jahren klimaneutral und arbeitet beständig weiter daran die Emissionen zu senken. Laut Hormuth müsse die Landwirtschaft Vorbild sein und nicht nur über den Klimawandel schimpfen, sondern aktiv dagegen arbeiten. In diese Kerbe schlug auch Mittag. Es gebe bereits eine riesige Bandbreite an Möglichkeiten und ständig kämen neue Erkenntnisse dazu. Sie wies auch auf die Dringlichkeit hin. Wenn man ein Zehn-Jahres-Projekt plane und erst im neunten Jahr mit der Umsetzung anfange, sei das bereits zu spät. Auernhammer erklärte zudem, Landwirte müssten aus dem Klimaschutz eine Einkommensmöglichkeit machen. Hierbei sei es die Schwierigkeit, die CO2-Einsparungen zu quantifizieren und somit messbar zu machen. Etliche weitere Fragen der Teilnehmer kamen, woran zu erkennen war, dass das Thema ein Aktuelles und Brisantes ist. Abschließend erklärte BDL-Vize Stephan Schmidt allerdings, dass Klimaschutz eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei und bei allen Möglichkeiten nicht vergessen werden dürfe, dass Landwirtschaft in erster Linie der Nahrungsmittelproduktion diene.

Nach dem Junglandwirtekongress pausierte der BDL zunächst mit seinen Veranstaltungen, dafür fand am Mittwoch und Donnerstag das Zukunftsforum Ländliche Entwicklung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft statt. An den zwei Tagen fanden, umrandet von einem Rahmenprogramm, insgesamt über 30 Fachforen, verteilt auf vier Zeiträume, zu unterschiedlichsten Themen rund um den ländlichen Raum statt.

Als Abschluss und sicher auch als der Höhepunkt des diesjährigen Landjugendprogramms zur IGW fand am Samstag das Jugendforum statt, bei dem Bundestagspräsident a.D. Prof. Norbert Lammert als Gast zugeschaltet war. Über 70 Teilnehmer konnten hier Fragen an Lammert stellen, der zunächst von seinem Werdegang berichtete, der ihn als ältestes von acht Kindern eines Bäcker- und Konditormeisters eigentlich in die Backstube hätte führen sollen. Nach dem Abitur und dem Wehrdienst studierte Lammert allerdings Politik, Soziologie und neuere Geschichte. Dies war allerdings nicht die erste Wahl, wollte Lammert doch eigentlich Dirigent werden, was aber daran scheiterte, dass er nur ein Instrument beherrschte. Insgesamt vergingen die eineinhalb Stunden wie im Flug und Lammert, der neben seinem typischen Humor auch einige Pausen zur Gedankensammlung und Formulierung wohlüberlegter Antworten mitbrachte, beantworte gewissenhaft alles, was kam. So berichtete er beispielsweise, dass er, zumindest seiner Meinung nach, nur an das zweithöchste Amt des Staates kam, weil er in einem Gespräch mit der späteren Bundeskanzlerin und der damaligen Parteivorsitzenden Angela Merkel, in dem es um die Bildung eines Schattenkabinetts für die Bundestagswahl 2002 ging, erklärte, dass er sich neben dem für ihn, im Falle eines Wahlsieges von Edmund Stoiber, vorgesehenen Posten des Staatssekretärs im Kultusministerium, auch vorstellen könnte als Parlamentspräsident zu dienen. Insgesamt kann das Jugendforum mit dem hervorragenden Gast als voller Erfolg bewertet werden und dürfte in Zukunft wohl nur noch mit dem Präsidenten oder, wenn auch protokollarisch eine Stufe tiefer, mit dann Bundeskanzlerin a.D. Angela Merkel zu übertreffen sein.

Text: Hessische Landjugend

Bild: Bund der Deutschen Landjugend

Bildunterschrift: Die Teilnehmer des Junglandwirtekongress mit landwirtschaftlichen Gegenständen, die auf den jeweiligen Schreibtischen verfügbar waren.